Electronic

Elektronische Musik bezeichnet Musik, die durch elektronischeKlangerzeuger hergestellt und mit Hilfe von Lautsprechern wiedergegeben wird. Im deutschen Sprachgebrauch war es bis zum Ende der 1940er Jahre üblich, alle Instrumente, an deren Klangentstehung bzw. -übertragung in irgendeiner Weise elektrischer Strom beteiligt war, als elektrische Instrumente zu bezeichnen. Konsequenterweise sprach man daher auch von elektrischer Musik.[1] Bis heute besteht eine Kontroverse in der Terminologie, da einerseits ein wissenschaftlicher Begriff der Akustik und gleichzeitig aber auch ein Oberbegriff über neue Musikstile der Unterhaltungsmusik gemeint ist. Andererseits kategorisiert man mit Elektronischer Musik auch eine Gattung der Neuen Musik, wobei sich hier der Begriff der Elektroakustischen Musik etabliert hat. → Hauptartikel: Elektroakustische Musik als Gattung der Neuen Musik.

In der Zeit um 1980 erlebte die Elektronische Musik durch die zunehmende Verfügbarkeit und Etablierung synthetischer Klangerzeugungsmöglichkeiten einen rasanten Aufschwung. Insbesondere im Bereich der speziell für die Clubszene produzierten Musik nahmen synthetisch produzierte Songs ab etwa 1980 eine stetig wichtigere Stellung ein und lösten den in den 1970er Jahren üblichen, vornehmlich akustisch produzierten Disco-Sound sehr schnell ab. Es begann die Phase der elektronischen Tanzmusik, die im Verlauf der 1980er zum Sound der Ära werden sollte und mit Musikstilen wie Synthpop, Euro Disco, House und schließlich Techno nicht nur den Sound der Dekade, sondern auch den der nachfolgenden Jahrzehnte entscheidend prägen sollte. Seit dieser Zeit sind synthetisch produzierte Musikstücke in höchstem Ausmaß populär und haben traditionell akustisch aufgenommene Songs, vor allem im Bereich der Clubmusik, aber auch im Bereich der Popmusik allmählich mehr oder weniger verdrängt.

 

Vorgeschichte

In der elektronischen Musik begegnen sich zwei gegensätzliche Sphären menschlichen Schaffens: die künstlerisch-ästhetische der Musik und die naturwissenschaftliche der Physik und Elektrotechnik. Daher muss die Entwicklung ihrer Voraussetzungen aus einem ideengeschichtlichen und einem technischen Blickwinkel heraus betrachtet werden. Im Zuge der radikalen musikalischen Veränderungen, die das 20. Jahrhundert zum Jahrhundert der Neuen Musik haben werden lassen, spielt die elektronische Musik eine wichtige Rolle. Von grundlegender Bedeutung sind zunächst diejenigen Konzepte, die schon Möglichkeiten der elektronischen Musik voraussetzten, noch bevor diese tatsächlich (technisch) zur Verfügung standen:

Das erste Musikinstrument, das Elektrizität verwendete, war das Clavessin électrique von Jean-Baptiste Delaborde. Das oft genannte Denis d'or des tschechischen Erfinders Pater Prokop Diviš aus den frühen 1750er Jahren war zwar in der Lage, dem Spieler aus Spaß kleine elektrische Schläge zu versetzen, benutzte aber wahrscheinlich keine Elektrizität bei der Klangerzeugung.[2] 1867 konstruierte der Direktor der Telegraphenfabrik Neuchâtel Hipp ein elektromechanisches Klavier. Ein erstes Patent auf dem Gebiet elektronischer Klangerzeugung wurde am 12. März 1885 an E. Lorenz aus Frankfurt am Main erteilt.[3][4]

Eine ungewöhnliche Erfindung des elektronischen Instrumentenbaus war das von Thaddeus Cahill 1897 entwickelte Teleharmonium oder Dynamophon. Es arbeitete nach dem Prinzip eines Zahnradgenerators, wog 200 Tonnen und war so groß wie ein Güterwaggon. Cahill benutzte für jeden Halbton einen riesigen dampfgetriebenen Mehrfachstromerzeuger, der ihm die sinusförmigen Ausgangsspannungen lieferte.[3] In seinem 1907 erschienenen Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst[5] entwickelte Ferruccio Busoni seine Theorie der Dritteltöne, wobei er für dessen klangliche Umsetzung das Dynamophon am geeignetesten hielt.[6]

Leon Theremin konstruierte als Leiter des Laboratoriums für elektrische Schwingungen des staatlichen physikalisch-technischen Instituts in Leningrad von 1920 bis 1928 das aufsehenerregende Instrument Ätherophon, das später nach ihm Theremin benannt wurde. Das Instrument war technisch gesehen eine Schwebungssummerkonstruktion, d. h. die Erzeugung eines hörbaren Tones erfolgte durch Überlagerung zweier hochfrequenter und nicht mehr hörbarer Töne.[3] Diese Eigenschaft der Klangerzeugung inspirierte einige Komponisten zu Werken speziell für das Theremin[7]. Vom Komponisten Anis Fuleihan wurde auf diese Weise ein Konzert für Theremin und Orchester geschaffen, das 1945 mit dem New York Symphony Orchestra unter Leopold Stokowski und der Solistin Clara Rockmore am Theremin uraufgeführt wurde.[3]

Etwa zeitgleich beschäftigte sich der deutsche Volksschullehrer und Organist Jörg Mager mit der exakten Erzeugung von Mikrointervallen und stellte Erfindungen wie das Elektrophon (1921) und das Sphärophon (1928) vor. Mager war ein Anhänger des tschechischen Komponisten Alois Hába, der sich, durch Anregung von Ferruccio Busoni, bereits mit Mikrointervallen praktisch beschäftigte. Zudem leitete Mager sein Interesse an Mikrointervallen von der Beobachtung des Akustikers und Musikethnologen Erich Moritz von Hornbostel ab, dass die Melodie bei einer Veränderung der Tonhöhenlage, aber auch der Notenlänge, stets als ein und dieselbe Gestalt erscheint. So wurden später sein Sphärophon II, sein Kaleidosphon und seine Elektrotonorgel fertiggestellt.[3]

Beim Ondes Martenot handelte es sich ebenfalls um einen Tonfrequenz erzeugenden Schwebungssummer mit dem Unterschied, dass zusätzlich an einem Seil gezogen wurde, womit Tonhöhen verändert werden konnten. Olivier Messiaen verwendete dieses Instrument in seiner Turangalîla-Symphonie, der schweizerische Komponist Arthur Honegger setzte es im Oratorium Johanna auf dem Scheiterhaufen ein. Bereits 1907 hatte Busoni in seiner visionären und einflussreichen Schrift Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst mögliche Entwicklungslinien aufgezeigt, die erst mit den Mitteln der elektronischen Musik ab den 1950er Jahren realisiert werden konnten. Er griff darin unter anderem die Idee der Klangfarbenmelodie, die Arnold Schönberg erstmals in seiner Harmonielehre (1911) vorstellte und in den folgenden Jahren wiederholt angesprochen hat, von Relevanz für das musikalische Konzept der frühen elektronischen Musik. Weiterhin kann die kompositorische Konzeption Edgar Varèses mit ihrer gleichermaßen von Busoni und den italienischen Futuristen beeinflussten Geräuschhaftigkeit als Vorwegnahme rein elektronischer Möglichkeiten der Klanggestaltung betrachtet werden.

Durch die Bedeutung des Rundfunks als Medium zunächst zur Durchsetzung politischer Ziele und später der Unterhaltung wurde der Weg für Übertragungen von Musik geebnet.

In dieselbe Zeit fällt die Entwicklung des Trautoniums durch Friedrich Trautwein im Jahre 1930, das später durch Oskar Sala weiterentwickelt wurde.[8] Aus diesem Jahr stammen auch die ersten Trautoniumstücke von Paul Hindemith: Vier Stücke für drei Trautonien mit dem Untertitel Des kleinen Elektromusikers Lieblinge.[9]

Im Jahr 1935 konkurrierten die Hammond-Orgel und die Lichttonorgel, wobei Erstere die Oberhand gewann.



 

Bibliografische Angaben für „Elektronische Musik